Die meisten Menschen stimmen überein, dass Wasser, Wind und Sonne eine perfekte Kombination für den Sommerurlaub sind. Wenn es sich um erneuerbare und dezentralisierte Energiesysteme handelt, scheint dies noch mehr Sinn zu ergeben, besonders jetzt, da in Brasilien die Aufnahme erneuerbarer Energiequellen in den Energiemix des Stromerzeugungssystems gefördert wird.
Brasilien verfügt über einzigartige klimatische Bedingungen, sowohl in Bezug auf Sonne als auch Wind, für die Stromerzeugung in kontinentalem Ausmaß. Im Jahr 2018 haben diese Technologien gemeinsam eine installierte Leistung von 17,2 GW erreicht. Dies stellt ein Wachstum von 14,7 % für Windstrom und 115 % für Solarstrom dar, gemäß der durch das Energieministerium im Jahr 2018 veröffentlichen Angaben. Es entspricht einer Anzahl von 24.565 Klein-oder Mikrostromerzeugungsanlagen, davon mehr als 99 % auf Basis von Photovoltaikmodulen. Auf dieselbe Weise sind kleine Wasserkraftanlagen auf dem Weg sich den wachsenden Zahlen der Stromerzeugung im Bereich der erneuerbaren Energien anzuschließen. Mit der Privatisierung der Eletrobras, die von der Regierung ab dem zweiten Halbjahr 2019 vorgesehen ist, kann dies sehr schnell eintreten.
Eletrobras ist ein gigantisches staatliches Unternehmen, das auf den drei Ebenen der Stromversorgungskette in Brasilien tätig ist. Es wurde 1962 gegründet, um die Koordination aller Unternehmen im brasilianischen Stromsektor zu übernehmen. Zurzeit trägt das Unternehmen 37 % der gesamten Erzeugungskapazität.
Mit der Privatisierung von Eletrobras scheint das Zeitalter des Baus von Riesenwasserkraftwerken in Brasilien zu Ende zu sein. Diese Möglichkeit wird nicht nur durch die erheblichen Schwierigkeiten bei der Freigabe von Umweltlizenzen für den Bau von großen Wasserkraftwerken unterstützt, sondern auch durch den Mangel an öffentlichen Mitteln, um in derartige Projekte zu investieren, deren Rentabilität riskant und langwierig ist. Die Veräußerung von Eletrobras an die Privatwirtschaft wird wahrscheinlich eine Änderung des nationalen Energiemixes auslösen. Neben den bereits etablierten Branchen der Wind- und Solarenergie dürften die Kleinwasserkraftwerke wie PCH/CGHs* zu der Branche gehören, die am meisten von dieser Transaktion profitiert.
Nach Angaben der ANEEL (brasilianische Regulierungsbehörde für Energie) besteht zurzeit eine installierte Leistung von 5,6 GW (PCH/CGH), die sich über 436 Kraftwerke verteilt. Daneben gibt es weitere 695 Projekte für Kleinwasserkraftwerke, die weitere 1,6 GW an noch nicht installierter Leistung einbringen.
Wasserkraftwerke haben weiterhin Vorrang bei der Stromversorgung in Brasilien. Für neue Kraftwerke jedoch bestehen mit der angekündigten Privatisierung von Eletrobras viel günstigere Bedingungen für Kleinwasserkraftwerke wie PCH/CGH. In diesem Zusammenhang ist zu erwarten, dass die Kleinwasserkraftwerke ihre Teilnahme am nationalen Energiemix von circa 3,4 GW in den kommenden 10 Jahren bedeutend steigern, nach dem Zehnjahresplan für Energieversorgung (PDE 2024) der brasilianischen Regierung (EPE**).
Die Kleinwasserkraftwerke passen perfekt zur nachhaltigen Ausrichtung der Solar- und Windtechnologien. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um kleinere Kraftwerke handelt, sind die Kosten entsprechend niedriger, sowohl beim Bau als auch für die Umwelt. Die kleinen und mittelgroßen Wasserkraftwerke erfordern keine umfangreichen Reservoire (die überflutete Fläche für die Stauanlage ist sehr klein). Folglich wird die Umweltbelastung im Vergleich mit großen Wasserkraftwerken drastisch reduziert. Ein weiterer bedeutender Umweltfaktor ist, dass Kleinwasserkraftwerke die niedrigsten Treibhausgasemissionen in Bezug auf die gesamte Produktionskette aufweisen.
Diese kleineren Wasserkraftwerke können in Flüssen mit niedrigem Wasserfluss eingesetzt werden und so Energie auf dezentrale Weise erzeugen. Dabei weist Brasilien eine der größten hydrografischen Vielfalt der Welt auf. Diese Kraftwerke werden praktisch über alle brasilianischen Regionen verteilt und in der Nähe der Verbraucherzentren installiert. Das Ergebnis ist eine bedeutende Einsparung bei Investitionen in weitläufige Übertragungsleitungen und eine relevante Reduzierung der Energieverluste. Durch diese Eigenschaft der dezentralen Energieerzeugung wird auch die Wirtschaft der kleinen und mittleren Städte, in denen sie sich befinden, gefördert.
Die bedeutende Diversifizierung der erneuerbaren Energiequellen in Brasilien ist eine strategische Entscheidung und fordert eine parteienübergreifende Regierungspolitik. Der Erfolg einer jeden erneuerbarer Energiequelle, sei es Wind-, Solar-, Biomasse- oder Wasserenergie, ist untrennbar verknüpft, da diese Technologien einander ergänzen. Keine von ihnen kann das Problem der Energieerzeugung alleine lösen. Und natürlich werden die Kleinwasserkraftwerke eine wichtige Rolle im kommenden Szenario der Privatisierung und Freigabe der brasilianischen Strombranche spielen. Das „dezentrale Wasser“ wird sehr willkommen sein, um sich den Solar- und Windquellen anzuschließen.
* PCH (Pequenas Centrais Hidrelétricas -> Kleinst-Wasserkraftwerke: 0-5 MW) / CGH (Centrais Geradoras Hidrelétricas -> Kleine Wasserkraftwerke: 5-30 MW)
** EPE (Empresa de Pesquisa de Energia -> Staatliche Energieplanungsbehörde)
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